ÜBERSETZUNG

Portraitfotografie von Olof
© privat
Cover des Buchtitels "18 km bis Ljubljana"

Aus dem Slowenischen von Klaus Detlef Olof
Goran Vojnović: 18 Kilometer bis Ljubljana (Folio Verlag)

Über das Buch

Als Marko Đorđić nach langer Abwesenheit nach Fužine zurückkehrt, erkennt er dort nichts wieder. Den Jugendlichen scheint jeglicher Trotz abhandengekommen zu sein und auch Markos Freunde haben sich entweder dem Glauben oder den Drogen zugewandt. In dem Vorort Ljubljanas gilt Marko jedoch noch immer als "Tschefur", als Migrant aus einem anderen Teil Ex-Jugoslawiens, was sein Ankommen zusätzlich erschwert. Schonungslos und drastisch beschreibt Goran Vojnović im dynamischen Schlagabtausch zwischen den Figuren die scheiternden Versuche Markos, sich dort wieder einzufinden, wo er nie zu Hause war.

Zur Begründung der Jury

Dieses Buch ist ein Schimpfkunstwerk, der innere Monolog eines bosnischen jungen Mannes am Plattenbaurand der slowenischen Gesellschaft, der uns von der Tragödie des ehemaligen Jugoslawiens erzählt: der Auflösung einer Vielvölkerutopie und ihren sozialen Folgen. Von verlorener Identität, von Gewalt, Anpassung und Rebellion, Dazugehören und Verlassenwerden. Klaus Detlef Olof hat den Rhythmus, den bitteren Humor und die sprachliche Dynamik von Goran Vojnovićs Milieuroman glänzend ins Deutsche übertragen.

Über den Autor

Klaus Detlef Olof, geboren 1939 in Oebisfelde, studierte Slawistik in Hamburg und Sarajevo und lebt und arbeitet in Zagreb und Pula als literarischer Übersetzer. Er übersetzte aus den südslawischen Literaturen, darunter aus dem Slowenischen Romane von Drago Jančar, Lojze Kovačič, Ana Marwan, Ana Schnabl und Goran Vojnović sowie Lyrik von Cvetka Lipuš; aus dem Kroatischen Romane und Essays von Zoran Ferić und Miroslav Krleža, aus dem Bosnischen Werke von Dževad Karahasan, aus dem Serbischen Essays von Bogdan Bogdanović. Für seine Übertragung des »Sonettenkranzes« (Hermagoras Verlag, 1986) des slowenischen Nationaldichters France Prešeren wurde ihm 1991 der Österreichische Staatspreis für literarische Übersetzer zuerkannt.

Leseprobe

Ich fuhr über die Autobahn und zählte die Kilometer bis Ljubljana. Noch dreiundsechzig. Noch einundsechzig. Noch fünfundvierzig. Der Schriftzug Ljubljana auf den grünen Schildern machte mir zum ersten Mal im Leben Freude. Weil in Ljubljana Fužine war und weil ich mich in Fužine verstecken konnte. Dort hatte ich keine Angst vor irgendwelchen Schreckgespenstern, weil ich dort zu Hause war und ich jedem sagen konnte, dass er verschwinden soll.

Noch achtzehn Kilometer bis Ljubljana. Noch ein bisschen, dann bin ich dieser Bela Krajina und Dolenjska entkommen, all diesen Grosupljanern und Škofljicern, denn die trauen sich nicht nach Ljubljana, und schon gar nicht nach Fužine. Sie wissen, dass dort befreites Gebiet ist. Dass dort die Tschefuren wohnen. Dass das meine Leute sind.

Nur noch zehn Kilometer. Noch ein paar Tunnel, und ich bin in Ljubljana. Daheim.